Aquarium 2013
- Alexander Dobrindt (CSU, Dipl.-Soziologe und Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur) hat eine wahrhaft „ganzheitliche“ Herangehensweise an den Netzausbau in der Bundesrepublik Deutschland.
- Das Europäische Parlament (Einflussloses Volksvertretungs-Surrogat in der Europäischen Union) hält sich eine IT-Abteilung, die den Abgeordneten die Nutzung verschlüsselter E-Mail verbietet.
- Ranganathan Gregoire Yogeshwar (TV-Unterhalter mit wissenschaftlichem Anstrich) erklärt mal eben den ängstlich-psychologischen Begriff des „Verdachtes gegen jeden Menschen“ zu einem logischen Prinzip der Digitaltechnik.
- RTL (werbefinanzierter qualitätsjournalistischer Fernsehsender) gibt seinen noch unkundigen Zuschauern in einem großartigen Symbolbild einen Eindruck davon, was so ein 3D-Drucker ist und wozu man ihn nutzen kann.
- Die Berliner Polizei betreibt zwar eine Website, die sich Internetwache nennt, scheint aber sonst in Sachen Netz eher etwas schläfrig zu sein — denn man kennt dort nicht den Unterschied zwischen den Top-Level-Domains
.com
und.de
und versteht nicht, dass eine automatisch versendete Mail von einernoreply
-Adresse wohl kaum mit personenbezogenen Daten verknüpft ist. - Philipp Rösler (FDP), Bundeswirtschaftsminister, hat eine tolle Idee, wie man Sicherheit in der digitalen Kommunikation herstellen kann: Durch eine staatliche Zertifizierung und ein Prüfsiegel. Das ist fast so gut wie die Idee, DE-Mail per Gesetz als sicher zu definieren.
- Christoph Keese (Geschäftsführer des Axel-Springer-Verlages) weiß, wo das mittelalterliche, fortschrittsverweigernde Regime der Taliban im Internet sitzt.
- Olivier Malchow (Gewerkschaft der Polizei), Reiner Wendt (Deutsche Polizeigewerkschaft) und Ronald Pofalla (CDU, Chef des Bundeskanzleramtes) haben in ihren widersprüchlichen und offen intelligenzverachtenden Stellungnahmen zur anlasslosen Überwachung von Menschen in der BRD durch ausländische Geheimdienste vor allem bewiesen, dass sechs Augen blinder sind als zwei.
- Stefan Plöchinger (Chefredakteur sueddeutsche.de) ist der Meinung, dass kryptografisch stark abgesicherte digitale Kommunikation ein „falsches Sicherheitsgefühl“ vermittle, dass die Verwendung analoger Kommunikationsmedien hingegen „halbwegs absicherbar“ sei. Wer jemals Informationen für Journalisten loswerden möchte, bei denen er sich selbst schützen muss, sollte sich damit besser nicht an die Süddeutsche Zeitung wenden, denn die halten jeden Selbstschutz und damit auch jeden Informantenschutz für entbehrlich.
- Steffen Seibert (Regierungssprecher) twittert zwar seit dem 28. Februar 2011 selber, aber braucht immer noch einen Helfer, der für ihn die Adresse aus dem Browser in den Twitterclient kopiert.
- Peter Altmaier (CDU, Bundesumweltminister) hat rausgekriegt, dass Twitter für die Debatte im Internet nachteilig ist, weil es sich ja nur um einen nationalen Dienst im inhärent internationalen Netze handele.
- Der, die oder das IQMV (Institut zur Lehrerfortbildung in Mecklenburg-Vorpommern) kennt eine sehr zuverlässige, aber etwas unwirtschaftliche Methode zur Reinigung eines von Schadsoftware befallenen Computers.
- netzpolitik.org (lt. Selbstbeschreibung eine politische Plattform für Freiheit und Offenheit im digitalen Zeitalter) hat Schwierigkeiten mit der Unterscheidung, was ein Dateiformat und was ein Protokoll ist, was zusammen mit einem gewissen Pathos in der Aussage für große Heiterkeit sorgen kann.
- Chip Online (Qualitätsjournalistische Computerzeitschrift) zeigt uns, was das Wort „Denken“ im Zeitalter der Smartdinger bedeutet.
- Kai Biermann (Qualitätsjournalist im Ressort Digital der Zeit) erklärt uns, dass das offene Internet stirbt, wenn Google einen seiner Dienste einstellt und weist auch gleich in einem Kommentar darauf hin, über welchen Anbieter jetzt ausschließlich Nachrichten verbreitet werden. Das Lesen des gesamten Kommentarthreads ist wärmstens empfohlen. Möge jedem Leser der qualitätsjournalistischen Ergüsse ein Licht aufgehen, dass andere Berichte aus Fachredaktionen auch nicht qualifizierter sein werden.
- Der Westdeutsche Rundfunk (halbstaatliche Rundfunkanstalt) beschäftigt eine Presseabteilung, die es für ein besonders probates Mittel der Geheimhaltung hält, wenn man etwas ins offen zugängliche Web stellt und auch noch darüber twittert.
- Das Bundesamt für Verfassungsschutz (Inlandsgeheimdienst der BRD) hat in seiner Pressestelle Leute sitzen, die zu doof für E-Mail sind — und fordert anschließend zum Vernichten der Mail auf, um den kleinen Fehler rückgängig zu machen.
- Peter Hauk (CDU Baden-Württemberg, „netzpolitischer“ Sprecher der Landtagsfraktion) will unter dem Banner der „klaren Regeln im Netz“ die Verwendung von Proxyservern kriminalisieren, weil diese die IP-Adresse verschleiern, hat aber keine Probleme damit, wenn Kriminelle weiterhin ihre Botnetze zur Verfügung haben.
- steinkuehler-com.de (PR-Agentur, die zur Unterstützung von Peer Steinbrück in professionellen Bloggen machte) betreibt nur ganz normale Websites, die von jedem Nutzer des Internet nach Herzenslust inhaltlich geändert und manipuliert werden können.
- Golem (IT-News für Profis, aber leider nicht von Profis) hat „Experten“ ein völlig neues Feature kryptographischer Methoden formulieren lassen.
- Edgar Wagner (Datenschutzbeauftragter des Landes Rheinland-Pfalz) hat an der Benutzung von Facebook als behördliche Kommunikationsplattform nichts auszusetzen, solange nicht kommuniziert wird. Aus Datenschutzgründen. Welchen Vorteil ein Facebook-Auftritt gegenüber einer normalen Website hat, weiß er vermutlich auch, aber hat er nicht gesagt.
- Sabine Dittmar (SPD) möchte lieber über Internet-E-Mail als über das Internet kommunizieren.
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