Sie reden vom Netz wie Blinde vom Licht

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3D-Drucker! Wir werden alle sterben!

Entschuldigung für den reißerischen Titel, aber manchmal fällt es mir sehr schwer, ernst zu bleiben. Es folgt ein Zitätchen von Heise Online — 3D-Drucker: BKA und Bundespolizei wittern Gefahren:

Sowohl das Bundeskriminalamt (BKA) als auch die Bundespolizei (BPOL) beschäftigen sich offenbar mit hoher Priorität [!] mit den Möglichkeiten von 3D-Druckern. Besonders in der Möglichkeit, damit Waffen oder Waffenteile auszudrucken, sehen die Beamten eine Gefahrenquelle für die Allgemeinheit. […]

Durch fehlende Zugangsbeschränkungen der Bauanleitungen im Internet könnten auch Minderjährige einen Waffen-Ausdruck ausführen. Selbst ohne Munition könne das Ergebnis dann als Drohmittel eingesetzt werden […]

Tatütata! Alarm! Alle können sich Waffen machen! Habt Angst, Leute! Die Faustfeuerwaffen aus wenig zur Herstellung von Faustfeuerwaffen geeigneten Werkstoffen explodieren zwar manchmal in der Hand, aber man hat ja zwei Hände. Und wer böse Absichten hat, wird gewiss dem Reiz nicht widerstehen können. Oder wer ein Kind ist. Munition kann man zwar (noch) nicht drucken, aber auch ohne Munition kann man mit so einer Waffe immer noch drohen, wenn auch nicht so gut wie mit der täuschend echten (und bei Verwendung außerhalb der Öffentlichkeit völlig legalen) Anscheinswaffe von einem der vielen Händler. [Diese Links sind das Ergebnis einer einzigen, schnellen Websuche und etwas willkürlich…]

Und es kommt noch schlimmer:

[…] Abgesehen von den Waffen könne die Technik aber auch durch ihr Potenzial für Produkt- und Markenpiraterie problematisch werden

Man kann mit einem 3D-Drucker das hl. Geistige Eigentum verletzen. Da bricht womöglich noch die ganze Wirtschaft zusammen, wenn die Menschen sich einige wucherhaft überteuerte Ersatzteile plötzlich einfach ausdrucken können! Womöglich noch ohne die vorgesehenen Sollbruchstellen im Rahmen der „geplanten Obsoleszenz“ und damit besser als die Originale! Das wäre schrecklich!

Spätestens das ist doch eine Bedrohung, die jedes nur denkbare Verbot rechtfertigt. Klar, dass die Polizeiarbeit da allerhöchste Priorität bekommt. Da kann man auch ruhig mal ein paar Verbrecher laufen lassen!

Fragt sich nur noch eines: Auf welcher Grundlage sind die werten Polizeibeamten des Bundeskriminalamtes und der Bundespolizei zu ihrer erschröcklichen, vorm Deutschen Bundestage mitgeteilten Einschätzung gekommen?

Das BKA hat der parlamentarische Anfrage zufolge noch keine Tests mit 3D-Druckern durchgeführt, beschaffe sich aber gerade ein Gerät

Wer wäre da nicht restlos überzeugt von den Einschätzungen der Polizeibeamten?!

Leider gibt es zurzeit noch keine Möglichkeit — weder für Polizisten, noch für Parlamentarier und auch nicht für die fragwürdigen Gestalten, die eine ausgedruckte Waffe reizvoll finden — sich ein Gehirn auszudrucken.


BKA hat keine Ahnung von E-Mail

Internet: Bundeskriminalamt warnt vor gefälschten Mails -- Freitag, 25.05.2012, 19:15 -- Das Bundeskriminalamt (BKA) warnt vor gefälschten E-Mails mit Schadsoftware im Gepäck. In der Betreff-Zeile nennen die Urheber ausgerechnet das Bundeskriminalamt: 'BKA erdrückende Akte gegen ...' -- Das BKA stellte in Wiesbaden klar: 'Das Bundeskriminalamt ist nicht Urheber dieser Meldungen.' Empfänger sollten den Anhang dieser Mails – unter anderem 'Akte.zip' – keinesfalls herunterladen und öffnen. -- Der Anhang enthält eine Schadsoftware, die sich nach dem Öffnen installiert. In einem Pop-Up-Fenster steht dann, dass der Computer nach den Besuchen pornografischer Webseiten mit einem Verschlüsselungstrojaner infiziert sei.

Nur eine Korinthe. Ganz kurz nur!

Wer immer auch beim BKA (vermutlich in einer gewissen Eile) diese Presseerklärung geschrieben hat, er hatte ganz offensichtlich keine Ahnung davon, wie Internet-E-Mail funktioniert. Der Anhang einer E-Mail muss nicht „heruntergeladen“ werden, sondern er ist nach dem MIME-Protokoll codierter Bestandteil der E-Mail und wird zusammen mit der E-Mail empfangen. Bei Verwendung eines Mailclients ist der Anhang also bereits da.

Ansonsten möchte ich ergänzend feststellen, dass das BKA gut beraten gewesen wäre, anlässlich dieser Gelegenheit die Menschen darauf hinzuweisen, dass generell niemals Mailanhänge bei E-Mails von unbekannten Absendern geöffnet werden sollten. Dies gilt insbesondere für Mails mit „alarmierenden“ Inhalt, aber ohne persönliche Ansprache des Empfängers. Aber auch bei persönlicher Ansprache gilt: Im Zweifelsfall sollte vor dem Öffnen telefonische Rücksprache gehalten werden. Noch empfehlenswerter wäre freilich die durchgehende Verwendung digitaler Signaturen, um die Identität des Absenders jenseits jedes vernünftigen Zweifels sicherzustellen.

Dass eine Polizei der BRD letzteren Hinweis — der ganz nebenbei bedeutete, dass Menschen auch sicher verschlüsselte E-Mail verwenden könnten, um ihre Kommunikation vor neugierigen Blicken zu schützen — nicht geben will, erscheint mir angesichts der aktuellen geheimdienstlichen und polizeilichen Vorgehensweisen in der totalen Überwachung aller Menschen in der BRD verständlich. Da wird lieber polizeilich in Kauf genommen, dass sich Menschen allerlei Schadsoftware der organisierten Kriminalität auf ihrem Rechner einfangen, bevor man ihnen klar macht, wie sie Internetdienste sicher nutzen können.


Deshalb Internetstasi

Es ist kaum zu fassen. Jörg Ziercke kann tatsächlich etwas Richtiges sagen:

Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, hat vor zu viel Sorglosigkeit beim Umgang mit dem Internet gewarnt. Viele Menschen hätten zum Beispiel kein Virenschutzprogramm, Firmen hätten keine Firewall – da sei noch einiges zu tun, sagte Ziercke am Freitag im Hörfunksender HR-Info. Internetnutzer müssten sich bewusst sein, dass man angegriffen werden könne.

Der BKA-Chef betonte, die Zeiten, in denen Computerfreaks zum Spaß Internetseiten aus der Garage heraus hackten, seien definitiv vorbei. „Inzwischen reden wir über organisierte Kriminalität“. […]

Kaum ein Wort daran, das nicht wahr wäre — ich würde bestenfalls noch hinzufügen, dass viel zu viele Menschen mit dem Lieblingsbetriebssystem der Internet-Kriminellen, mit Microsoft Windows, im Internet unterwegs sind.

Hätte Jörg Ziercke an dieser Stelle aufgehört zu reden, ja, er wäre nicht hier gelandet. Er hat aber leider weitergeredet:

[…] Deswegen müsse es eine neue Regelung zur Vorratsdatenspeicherung geben.

Klar, mit einer verdachtslosen Totalüberwachung des Internet findet man Leute aus der organisierten Internet-Kriminalität. Die kommen ja niemals auf die Idee, Proxyserver zu verwenden oder ihre kriminellen Attacken über Botnetze zu machen, so dass sie kaum ermittelbar sind. Und die verdachtslose Totalüberwachung des Internet ist gar nicht gegen eher marginale Verstöße gerichtet und entspricht gar nicht den Bedürfnissen der Rechteverwertungsindustrie, die sich jetzt schon darauf freut, dass sie sich reichlich aus dieser Datensammlung bedienen kann. Großes Kino, Herr Ziercke, da reden sie endlich wieder wie gewohnt.

Aber wenn sie der organisierten Kriminalität im Internet den Kampf ansagen wollen, Herr Ziercke, denn haben sie mich durchaus auf ihrer Seite. Fangen sie doch bitte gleich mit diesen Abzock-Betrügern an. Ich glaube, dass gewerbsmäßiger Betrug mit fünfeinhalb Millionen Opfern und einem angerichteten Schaden von mindestens 50 Millionen Euro (untere Grenze) durchaus mal ein Anlass wäre, dafür zu sorgen, dass die Betrüger an einen Ort verfrachtet werden, an dem sie keinen Schaden mehr anrichten können. Dafür brauchen sie, Herr Ziercke, übrigens auch keine Vorratsdatenspeicherung. Die in betrügerischer Absicht gegründeten GmbH lassen sie bequem über das Handelsregister ermitteln, die Bankkonten werden selbstverständlich unter Vorlage eines Personalausweises eröffnet und die Gehilfen der Betrüger können ebenfalls offen auftreten. Da die gegenwärtige Gesetzeslage leider kaum Handhabe gegen die Gehilfen in diesem gewerbsmäßigen Betrug bietet, würde ich ihrer gewichtigen Forderung nach wirksamen Maßnahmen des Gesetzgebers nur zu gern mit meinem zageren Stimmchen zustimmen.

Aber nein, Herr Ziercke, sie bauen halt lieber eine Stasi 2.0 mit auf, statt sich um die Verbrechensbekämpfung zu kümmern.