Sie reden vom Netz wie Blinde vom Licht

Archiv für Juni, 2012

Breitband

Breitbandverbindungen gibt es europaweit inzwischen fast flächendeckend, meldet der „Fortschrittsbericht“ zur Digitalen Agenda. 95 Prozent aller Europäer haben Zugang zu einem Breitband-Festnetzanschluss. […] Deutschland liegt in diesem Bereich nur ganz knapp über dem EU-Durchschnitt.

Heise Netze vom 18. Juni 2012: 95 Prozent der EU-Bürger haben Breitbandzugang

Robert Wieland, Geschäftsführer von TNS Infratest, sagte, ein Leben ohne Breitbandanschluss sei noch Realität für 43 Prozent der Deutschen, auch wenn „wir hier 4,6 Prozentpunkte nach vorne gekommen sind“.

Heise News vom 26. Juni 2012: Kaum neue Internetnutzer in Deutschland

Beide Artikel stammen vom gleichen „Autor“.

Manchmal wünsche ich mir die Zeit zurück, in der Journalismus in mehr bestand als in der Übernahme von Pressemitteilungen in den „redaktionellen“ Teil. Und dann denke ich wieder, dass es diese Zeit vermutlich nie gegeben hat, dass es erst durch das Internet möglich geworden ist, im Strom der industriell erstellten „News“ nicht einfach unterzugehen, sondern die Meldung von heute kurz mit der inhaltlich völlig anderslautenden Meldung aus der letzten Woche zu vergleichen. Im Zeitalter der alleinigen Papierzeitung lag diese eine Woche „alte“ Meldung ja schon auf dem wachsenden Müllberg vor den Städten oder im Vogelkäfig als Unterlage und wirkte nur noch psychologisch nach. Wenn es noch einen Journalismus im Zeitalter des Internet geben kann, dann muss er von deutlich anderer Beschaffenheit als der Einweg- und Wegwerfjournalismus der etablierten Presseverleger sein.


Internet? Das ist doch dieses Facebook…

Während gewöhnliche „Qualitätsjournalisten“ lediglich Probleme haben, das Internet nicht mit dem Internet-Dienst World Wide Web zu verwechseln, geht die Inkompetenz bei der DPA und beim zitierenden Focus Online noch ein bisschen weiter. Denn dort…

Internet: Lehrer und Erzieher sollen für Facebook fit gemacht werden -- Der Umgang mit dem Internet soll künftig fester Bestandteil der Ausbildung von Lehrern und Erziehern sein -- mit dieser Empfehlung billigte die Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft ein Paket von Handlungsempfehlungen für die Bildungs- und Forschungspolitik.

…verwechselt man das Internet mit der börsennotierten, Menschen ausspionierenden, spammenden, Kommunikation fälschenden und ohne seriöses Geschäftsmodell agierenden AG hinter der Website „Facebook“.

Da bleibt nur zu hoffen, dass demnächst jeder Schüler aufgeklärter als derartige „Qualitätsjournalisten“ ist.

Hallo, DPA, hat F*cebook für diesen Schwachsinn etwa bezahlt?!


Zierckes Stasi-2.0-Propaganda „untragbarer Zustand“

Kurzkommentar

Die ausgesprochen dickfellige Art, in der Herr Ziercke darauf baut, dass die alten News über den so genannten „Nationalsozialistischen Untergrund“ — der jetzt wohl auch „Zwickauer Terrorzelle“ heißt, damit das Erinnern noch ein wenig schwerer fällt — durch acht Monate in die Aufmerksamkeit geströmte neue News vergessen gemacht wurden, ist zynisch und in ihrer politischen Instrumentalisierung eine miese Verachtung der Mordopfer und ihrer Freunde und Angehörigen, die einen tiefen Schatten auf den Eindruck der charakterlichen Eignung dieses Menschen für das von ihm ausgeübte Amt als Chef einer BRD-Polizeibehörde wirft.

Warum der von Herrn Ziercke postulierte „untragbare Zustand“ der fehlenden Datenbestände aus einer anlasslosen Totalüberwachung der Kommunikation sämtlicher Menschen in der BRD — übrigens ganz sicher mit bewusstem Wissen auf Seiten Herrn Zierckes — keinerlei entscheidende Bedeutung für die Polizeiarbeit in dieser Mordserie hat, habe ich bereits am 17. November des letzten Jahres in der Dokumentation der gleichen menschenverachtenden Propaganda durch Beate Merk und Hans-Peter Uhl beschrieben. Dem Vergessen, auf das Herr Ziercke in gnadenloser Schamlosigkeit seine „Argumentation“ aufbaut, sollte keine Chance gegeben werden — denn es machte auch ein tödliches und sich über elf Jahre erstreckendes Versagen bundesdeutscher Inlandsgeheimdienste und Kriminalpolizeien vergessen.

Die mit einer Zwangsabgabe finanzierten „Qualitätsjournalisten“ vom Zweiten Deutschen Fernsehen scheinen keine Probleme mit diesem Vergessen zu haben.


„Faire Balance“: Keine Freude durch Kraft

Wir setzen uns für ein modernes Urheberrecht ein, das eine faire Balance schafft zwischen den Interessen der Nutzerinnen und Nutzer und der Urheberinnen und Urheber. Daher wollen wir auch das immer stärker um sich greifende Abmahnwesen eindämmen und faire und für Verbraucherinnen und Verbraucher nachvollziehbare Nutzungsbedingungen schaffen.

Aus dem Wahlprogramm der SPD Nordrhein-Westfalen
Bitte bei den Ruhrbaronen weiterlesen

Anstelle eines Kommentares komme die SPD selbst zu Worte

Liebe Genossinnen und Genossen,
wir möchten Euch darauf hinweisen, dass am kommenden Montag (23. Juni 2012) [sic!] die Nutzungsfrist für das Wahlkampfauftakt-Plakat „NRW im Herzen“ abläuft!
Bitte entfernt das Motiv bis dahin von Euren Webseiten und aus den sozialen Netzwerken. Auch für den Printbereich darf das Bild dann nicht mehr verwendet werden. Andernfalls droht eine Abmahnung

Hannelore Kraft: NRW im Herzen? Nein! Abmahnungen im Internet

Anmerkung

Die bei einem Wahlkampf verwendeten Werbemittel werden von den politischen Parteien erstellt, die sich damit ihres so genannten Verfassungsauftrag der „politischen Willensbildung“ entledigen. Es handelt sich folglich um Zeugnisse der Zeitgeschichte. Derartige Materialien über das Hebelwerk des „Geistigen Eigentumes“ aus dem Internet und damit aus der nachträglich reflektierenden öffentlichen Wahrnehmung entfernen zu wollen, zeugt von einem Verständnis der Politik und der Gesellschaft, das in meinen Augen die Erfüllung dieses so genannten Verfassungsauftrages noch endgültiger ad absurdum führt, als es die hohlen, ausschließlich an die psychische Bedingtheit und faktisch nicht an die höheren Verstandesleistungen des Wahlvolkes appellierenden Politslogans der Reklameabteilungen von BRD-Parteien schon seit viel zu langer Zeit tun. Unabhängig davon steht die nach der Wahl praktizierte Drohung mit Abmahnungen im geradezu lächerlichen Widerspruch zum oben auszugsweise zitierten, vor der Wahl propagierten Programm der SPD und ist eine offene Verachtung der Wahlberechtigten, die gezielt über die Absichten irregeführt wurden — und angesichts der Tatsache, dass hier SPD-Mitgliedern mit einer Abmahnung gedroht wird, wenn sie das Wahlkampfmaterial, dessen Präsenz im Internet vor der Wahl ja so brennend erwünscht war, nicht zum festgesetzten Zeitpunkt nach der Wahl wieder aus dem Internet entfernen, ist es darüber hinaus eine Verachtung der Mitglieder durch jene Organe der Partei, die für derartige Vorgehensweisen verantwortlich sind.

Die oben stehende satirische Verfremdung des SPD-Plakates aus dem jüngsten nordrhein-westfälischen Wahlkampf dient der Illustration dieses Vorganges und soll es ermöglichen, das in der Dokumentation dieses Vorganges gemeinte Plakat wiederzuerkennen.


Brötchen

Wir brauchen ein neues Bewusstsein für den Wert geistigen Eigentums. Dessen Diebstahl darf nicht länger von Gesellschaft und Politik toleriert werden […] Niemand geht mit gutem Gewissen in eine Bäckerei und nimmt seine Brötchen mit, ohne sie zu bezahlen

Peter Stefan Herbst, Chefredakteur der Saarbrücker Zeitung
DAPD-Meldung, zitiert aus Welt Online

Ganz kurz nur, Herr Herbst…

…ein Grund dafür, dass sich ein „Bewusstsein für den Wert geistigen Eigentums“ nicht bilden will, könnte an einem Propagandageschwätz wie dem Ihrigen liegen, bei dem auch Menschen mit schwachem Denkmuskel aus unmittelbarer Anschauung heraus bemerken, dass es falsch, verlogen, unsinnig, idiotisch ist. Der Unterschied zwischen der Anfertigung einer Kopie und der Mitnahme einer beweglichen Sache ist erheblich und unmittelbar erfahrbar. Ihre brotdumme (und übrigens der Wirklichkeit weder sachlich noch juristisch entsprechende und somit journalistisch vollends wertlose) Brötchenmetapher, Herr Chefredakteur, verrät nur, dass sie vom Internet reden wie… ach, so heißt das Blog schon.

Vielleicht, Herr Chefredakteur, würde sich eher ein „Bewusstsein“ bilden, wenn sie…

  1. …den sehr durchschaubaren Kampfbegriff „Geistiges Eigentum“ vermieden, und
  2. …statt auf der unsinnigen und unsinnlichen Diebstahlmetapher zu beharren, darauf hinwiesen, wie es mit Immaterialgüterrechten und den Nutzungformen urheberrechtlich geschützter Werke wirklich aussieht und welche Probleme aus ihrer Sicht mit den jüngsten technischen Entwicklungen einhergehen.

Ach, an einer Versachlichung der Diskussion sind sie gar nicht interessiert, Herr Chefredakteur? Und deshalb geben sie lieber wider besseres Wissen und im vollen Bewusstsein der Lüge so einen Strunz von sich? Na, das habe (wohl nicht nur) ich mir doch gleich gedacht.