Sie reden vom Netz wie Blinde vom Licht

Alles Google geht vom Verleger aus

Denn die Macht von Google, die keiner mehr bestreiten sollte, ist eine Macht, die von den traditionellen Verlagen ausgeht, auch wenn sie nicht dorthin zurückkehrt. Von den vielen Millionen deutschen Dokumenten, die das Google-Archiv auf seinen Servern bereithält, stammt kein einziger Text von einem Google-Mitarbeiter, sondern alles, was da an Artikeln begeistert, polarisiert, langweilt oder einfach nur informiert, ist von den Autoren deutscher Verlage in deutscher Sprache erstellt worden und – Vorsicht: jetzt kommt die Täterbiographie des späteren Opfers zum Vorschein – den Google-Suchmaschinen freiwillig überreicht worden

FAZ — Google-Debatte: Unsere Waffen im digitalen Freiheitskampf von Gabor Steingart

BULLSHIT -- Unterschätze niemals die von den Medien transportierte Eloquenz und seriöse Mimikry der Gehirnverweigerer!Kurzkommentar

Ob der Herr Steingart wohl weiß, was der Unterschied zwischen einem Telefonbuch und einem Telefongespräch ist? Für jene, die das Wort nicht mehr verstehen: Ein Telefonbuch — Herrn Steingart sicherlich noch ein Begriff, bei jedem zivilisierten Menschen unter 40 Jahren ist es jedoch mittlerweile durch bequemere und technisch bessere Lösungen ersetzt worden — ist eine alphabetische Liste von Namen in einem Ortsnetz, denen Telefonnummern und identifizierende Teile ihrer Anschrift zugeordnet sind. Da wir von den alten Römern ein System von sechsundzwanzig lustigen Kringeln in einer willkürlichen Anordnung übernommen haben, das uns ganz nebenbei einen alltagspraktischen Sortierschlüssel für jedes schreibbare Wort gegeben hat, war so ein Telefonbuch eine sehr praktische Angelegenheit, um die Telefonnummer eines Menschen herauszubekommen. Der Herr Steingart, der sich mit den oben zitierten Worten gegen Google der von seinem Arbeitgeber vorgegebenen Aufgabe entledigt hat, etwas gegen Google zu schreiben (und von eine Google-Debatte zu blahfaseln, die nur unter Qualitätsjournalisten seines nicht besonders großen Kalibers stattfindet), hätte die Technologie „Telefonbuch“ vermutlich mit folgenden Worten beschrieben:

Von den vielen Millionen deutscher Telefongespräche, deren Nummern das Archiv des Telefonbuchverlegers bereithält, stammt kein einziges Gespräch von einem Mitarbeiter des Telefonbuchverlages, sondern alles, was an den Gespräche begeistert, polarisiert, langweilt oder einfach nur informiert, ist von Sprechern der deutschen Sprache gesprochen worden.

Diese Einlassung wäre selbstverständlich um eine genaue Beschreibung des Geschäftes eines Telefonbuchverlages ergänzt worden, um aus darin platzierter Reklame, Adresshandel und andere Dinge zu Lasten der vielen Fernsprechteilnehmer — na, Herr Steingart, habe ich mit diesem Wort ihre Sprache und Denke getroffen? — Reibach zu generieren.

Nun gut, die meisten Menschen außerhalb einer BRD-Redaktionsstube freuen sich jedenfalls über gut funktionierende Suchmaschinen, die ihnen mit sehr geringem Aufwand allerlei Großes und Kleines, Schlaues und Dummes, Schönes und Hässliches im Großen und Ganzen so zugänglich machen, dass das Gesuchte gefunden wird. Und die intelligenteren unter diesen Menschen wissen sich auch gegen gewisse Machenschaften zu wehren…

Die datengesteuerte Werbung im Internet erinnert mittlerweile auf fatale Weise an die Drückerkolonnen der frühen Nachkriegsjahre, als man Kosmetika, Plastikschüsseln, Zeitschriften und Lebensversicherungen an der Haustür vertrieb, ach was – verhökerte, verkloppte, aufschwatzte, nur dass die Avatare der damaligen Drücker heute englisch mit uns reden. Ihre Haustür ist unser Computerbildschirm, auf dem die Abgesandten aus der Welt der künstlich erzeugten Bedürfnisse mit Push-Mails, Overlayern und Pop-up-Windows unentwegt auf- und abmarschieren

…und haben erstens einen Adblocker installiert — der auch ganz gut gegen die handvoll externer Tracking-Skripten in diesem einen Artikel auf der Website der Frankfurter Allgemeinen hilft, die übrigens nur dieser an halbkriminelle Drückerkolonnen gemahnenden datengesteuerten Werbung im Internet dienen — sorgen zweitens dafür, dass nicht jede Website Code im Browser ausführen darf und stellen drittens ihren Browser so ein, dass keine Cookies über extern eingebettete Inhalte der dargestellten Seite angenommen werden. Einige versiertere Menschen gehen sogar wesentlich weiter, und nichts von dem, was diese tun, ist hochgeheime Raketenwissenschaft. Vielleicht sollte der Herr Steingart mal einen dahergelaufenen Vierzehnjährigen fragen, wie man sich dieses Web erträglich macht, dann würde er nicht in so realsatirischer Weise über seine eigene Dummheit und sein Unwissen jammern, um dieses hochnotlächerliche Geflenne dann in die scheinbare Seriosität der Presse einzupacken, um es in eine Art FUD-Propaganda gegen Google umzuwandeln. Oder, um Herrn Steingart zum letzten Male zu zitieren:

Wir gaben Google unsere […] Hirne

Mit Verlaub, Herr Steingart, das merkt man aber auch, wenn man liest, was sie ins Fäuleton der FAZ stempeln lassen! :mrgreen:

Nachtrag, 25. Juni: Mario Sixtus: Das deutsche Internet, erklärt von Gabor Steingart

Eine Antwort

  1. cassiel

    alles, was da an Artikeln begeistert, polarisiert, langweilt oder einfach nur informiert, ist von den Autoren deutscher Verlage in deutscher Sprache erstellt worden

    Ganz schön anmaßend der liebe Herr. Als ob jeder Artikel in deutscher Sprache einem deutschen Verlag gehören würde. Es gibt demnach weder Schweizer, noch Österreicher und erst Recht keine deutschen Bürger die unabhängig von deutschen Verlagen Artikel oder andere Inhalte im Netz publizieren. Wieviel kleiner kann eine Weltsicht noch sein?

    24. Juni 2014 um 23:26

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