Streaming: Kein Herunterladen mehr
Allerdings ist inzwischen immer mehr das Streaming auf dem Vormarsch, bei dem die Musik nicht mehr heruntergeladen, sondern direkt aus dem Internet abgespielt wird. Dabei gibt es zum einen Abo-Dienste wie Spotify oder Rdio, bei denen für eine Monatsgebühr uneingeschränkt Musik gehört werden kann
Die Welt — Rechteverhandlungen: Musik-Konzerne bremsen Apples Internet-Radio
Teile dieser Meldung stammen von der DPA
Kommentar
Werter Herr Qualitätsjournalist,
ich möchte ihnen eine einfache Frage zu ihrem Artikel stellen: Wenn die Musik nicht mehr von irgendwo aus dem Internet heruntergeladen und so zum Abspieler transportiert wird, wie kommt sie dann zum Abspieler und schließlich an die Ohren des Zuhörers? Schwebt sie auf moduliertem Feenstaub, oder handelt es sich etwa um die erste technische Anwendung von Psi-Effekten?
Sie müssen zugestehen, Herr Qualitätsjournalist, dass die beiden von mir schnell benannten „Alternativen“ zum Herunterladen höchst lächerlich sind. Und wenn sie jetzt nur drei Minuten darüber nachdenkten, müssten sie zugestehen, dass das auch für jede andere Möglichkeit gilt, wie die Daten ohne eine Datenübertragung von einem Server zu einem Abspieler gelangen könnten; eine Datenübertragung, die man allgemein als „Download“ oder auch „Herunterladen“ bezeichnet. Es ist nämlich technisch genau der gleiche Vorgang. Ein laufender Serverprozess auf einem anderen Computer im Internet bekommt über ein Protokoll die Aufforderung, Daten zu senden, und er sendet Daten zurück.
Das sollten sie als jemand, der für das Ressort „Digital“ bei einer überregionalen Zeitung schreibt, schon verstehen, Herr Qualitätsjournalist. Und da ich sie nicht als völlig inkompetent und dumm bezeichnen will, Herr Qualitätsjournalist, gehe ich davon aus, dass sie das im Prinzip auch verstehen.
Allerdings scheint es nicht ihre Aufgabe bei einem qualitätsjournalistischen Produkt aus dem Hause Axel Springer zu sein, Herr Qualitätsjournalist, dass sie ihre Leser, die dort Artikel im Ressort „Digital“ lesen, dazu befähigen sollen, ihrerseits technisches Verständnis und auf dieser Grundlage im Idealfall verantwortliches, kluges Handeln zu entwickeln. Denn sie werden ja für die Erfüllung ihrer Aufgabe bezahlt, Herr Qualitätsjournalist, nicht für irgendeine Vermittlung von Kompetenz.
Es gibt nämlich sehr wohl einen Unterschied zwischen dem, was einige Werber — also Leute, die genau wie sie, Herr Qualitätsjournalist, für das psychologisch wirksame Lügen und Verdummen von Menschen bezahlt werden — „Streaming“ nennen und dem, was Menschen bislang als gewöhnlichen Download-Vorgang kennen. Stellt man diese beiden Vorgänge des Herunterladens gegenüber, so zeigt sich dabei, dass es sich beim so genannten „Streaming“ um einen Versuch handelt, technische Möglichkeiten zu behindern, Nutzer eines Angebotes über ihren Musikkonsum (und Videokonsum) zu verdaten und zu überwachen und ihrem Dasein eine technisch nicht erforderliche, also künstlich geschaffene Abhängigkeit von einem gewinnorientierten Anbieter hinzuzufügen, der damit sein Geschäftchen machen will.
Beim Download-Vorgang können Menschen nämlich die heruntergeladenen Daten im Dateisystem an einer selbstgewählten Stelle ablegen, sie können die Daten auf beliebige Geräte übertragen, sie können die Daten mit beliebiger Software abspielen, sie können von den Daten beliebig viele Kopien anfertigen. Kurz gesagt: Menschen kommen beim Herunterladen digitaler Güter in den Genuss sämtlicher Vorteile der Digitaltechnik und der Kopierinfrastruktur vernetzter Rechner. Das digitale Gut geht in ihre Verfügungsgewalt über, durchaus ähnlich zu einer gekauften Zeitung. Heruntergeladene Musik kann zum Beispiel beliebig oft angehört werden, ohne dass irgendein Anbieter über diese Nutzung informiert wird.
Beim so genannten „Streaming“ handelt es sich natürlich auch um einen Download-Vorgang, doch wird dem Menschen dafür eine technisch eingeschränkte Software zur Verfügung gestellt, die ein Speichern an einer vom Menschen frei gewählten Stelle im Dateisystem nicht ermöglicht. Die Nutzung mit frei gewählter Software wird unterdrückt. Stattdessen wird eine für den Genuss von Musik weder sachlich noch technisch erforderliche Bindung an einen kommerziellen Anbieter vorgenommen, der im Laufe der Zeit vollständige Informationen über den gesamten Musikgeschmack des Menschen, seine Konsumzeiten und im Falle eines Smartphones sogar über die Aufenthaltsorte des Menschen sammeln kann, an denen Musik gehört wird.
Der Unterschied besteht also nicht darin, dass nichts heruntergeladen wird, sondern darin, dass der zahlende Nutzer eines Streaming-Dienstes seine mit einem selbstbestimmten Herunterladen verbundenen technischen Freiheiten verliert und dafür zum Objekt der Datensammelei eines gewinnorientierten Unternehmens wird.
Genau diese Tatsache, Herr Qualitätsjournalist, erwähnen sie nicht, und als sie sich beim Schreiben ihres Artikels vor dem Problem gestellt sahen, kurz zu erwähnen, was beim so genannten „Streaming“ jetzt anders, neu und besser ist, haben sie sich dieses Problemes mit einer gnadenlos dummen Formulierung entledigt, damit zumindest die technisch analphabetischen Leser kein Bewusstsein entwickeln können, das zu vernünftigen Entscheidungen führen kann.
Vollends lächerlich wird ihre Idee der „Datenübertragung, ohne dass eine Datenübertragung stattfindet“ übrigens, Herr Qualitätsjournalist, wenn man sie mit dem deftigst duftenden Bullshitwort der Werber aus dem letzten Jahr kombiniert: Dem „Offline-Streaming“, das von qualitätsjournalistischen Idioten ihres Schlages nach Vorlage von den Bitkomikern in die vom Unsinn müden Hirn befördert wurde.
Danke, dass sie mit ihren hoffentlich gut bezahlten Schreibtischtätigkeiten jedem aufmerksamen Leser klar machen, welche Aufgaben der „Content“ im Qualitätsjournalismus — neben der Aufgabe als Köder, der zur Reklame locken soll — noch hat. Diese Klarheit bewahrt vor der Illusion, dass man sich aus qualitätsjournalistischen Produkten informieren kann. Denn die Annahme, dass in Bereichen, in denen ich mich zufällig weniger gut auskenne, nicht manipulativ und die Tatsachen verdrehend berichtet wird, wäre doch ein bisschen dumm.
Ihr kopfschüttelnder Mitleser.
Tja nun, nur wenn der Anbieter ein proprietäres Format des Streaming-Protokolls nimmt kann es nicht auf der Platte landen, aber auch dann ist es nur eine Frage der Zeit bis das Protokoll entschlüsselt ist und eine passende Software vorhanden.
Aktuell versucht ja z.B. youtube durch viele gleichzeitige Serverstreams ein sinnvolles speichern zu verhindern, klappt aber auch nicht wenn man genügend Platz hat, dann lädt man den Film halt gleichzeitig zwanzig mal herunter, schaut sich die einzelnen Dateien an und löscht die Werbung und die Dupletten.
Aber der Text des „Qualitätsjournaillisten“ zeigt ja worauf es ankommt, Masse statt Klasse und Verbreitung von viralen Marketinginfos m(
11. Mai 2013 um 15:42
Danke! So liebe ich den Alarmknopf!
Die Qualität^^ sucht seines Gleichen! 😀
Alarmknopf in jede Schulklasse – jetzt! 😉
12. Mai 2013 um 14:59
Exzellent. Wunderbar zu lesen!
12. Mai 2013 um 19:03
Pingback: Der Alarmknopf-Jahresrückblick 2013 | Alarmknopf