Sie reden vom Netz wie Blinde vom Licht

Megaupload war keine Tauschbörse

Internet-Tauschbörse: Kim Dotcom auf Kaution aus U-Haft entlassen

Kommentar

Nein, Hamburger Abendblatt, dieses „Megaupload“ war keine Tauschbörse (wie etwa alle Peer-to-Peer-Filesharing-Dienste vom ollen Gnutella über eDonkey, eMule, Manolito, FastTrack bis hin zu BitTorrent), sondern ein Sharehoster. Es war ein zentraler Serverpark, bei dem Menschen Dateien hochluden und wieder runterluden. Kein Netzwerk gleichberechtigter Rechner zum Austausch von Daten. Ohne auch nur die Spur eines Tauschgedankens dahinter. Oder noch einmal: Etwas fundamental anderes.

Und nein, Hamburger Abendblatt, das ist keine Haarspalterei. Die Verwendung zutreffender Begriffe, die klare Trennung begrifflicher Kategorien ermöglicht erst das vernünftige Nachdenken über diese Erscheinungen des Internet, und damit auch erst den verantwortungsvollen Umgang mit diesen Erscheinungen. Der zentrale Serverpark namens Megaupload war nämlich kommerzialisierbar, und Kim Schmitz hat sich eine goldene Nase mit den nicht lizenzierten Kopien anderer Menschen verdient. Eine dezentrale Tauschbörse ist nicht kommerzialisierbar, weil ihr nicht ein Client-Server-Modell zugrunde liegt, sondern ein Peer-to-Peer-Modell.

Ich kann verstehen, dass ihr als Vertreter der Contentindustrie solche völlig verschiedenen Dinge zusammenkippen wollt, um die Empörung über einen Großverbrecher wie Kim Schmitz auf Dinge auszuweiten, mit denen er nichts zu tun hat. Aber eure hier angewendete Propagandamethode wirkt auf jeden, der auch nur grundlegende Kenntnisse hat, so, als würdet ihr ein Auto mit einem Paar Turnschuhe verwechseln, weil man sich ja mit beidem fortbewegen kann. Oder als brächtet ihr einen Volksentscheid mit dem Erlass eines Königs durcheinander, weil eben beides eine Regelung in der Gesellschaft begründet. Oder eben so, als sprächet ihr vom Netz wie ein Blinder vom Licht.

Ach, ihr wendet euch damit an die Unwissenden, damit sie unwissend bleiben und jeder weiteren Fehlinformation aufsitzen? Damit ihr ihnen zum Beispiel vielleicht morgen schon erzählen könnt, Suchmaschinen begingen Urheberrechtsverletzungen, weil man damit — Achtung! Ganz geheimer Geheimtipp! — nicht-linzenzierte Kopien¹ finden kann? Presse eben, ich hätte es mir gleich denken können!

¹Wenn man diese einfache Vorgehensweise mit ein paar späteren Produkten der Musikindustrie ausprobiert, landet man allerdings leicht bei zwielichtigen Fakeseiten, deren Betreiber zu wissen scheinen, dass zumindest von einigen Menschen auf diese naheliegende Weise gesucht wird.

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