Sie reden vom Netz wie Blinde vom Licht

Anonymität? Nirgends!

Es kann im Internet ebenso wie in der realen Welt kein grundsätzliches Recht auf Anonymität geben

Pressemitteilung von Günther Krings und Dr. Hans-Peter Uhl für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Kommentar

Die Leser mögen mir den verbitterten Stil der folgenden Worte verzeihen.

Der Herr Fraktionsvorsitzende und der Herr innenpolitsche Sprecher haben sich beim Verfassen dieses realsatirischen Einsteigersatzes so sehr auf die Totalüberwachung des Internet fixiert, dass sie gar nicht mehr bemerken, was sie da eigentlich über die „reale Welt“ schreiben. Es muss ja ihre Wahrnehmung von der „realen Welt“ sein, oder doch zumindest das Ideal einer „realen Welt“, die sie sich wünschen.

Zumindest in meiner „realen Welt“ sind die allermeisten Menschen, die mir begegnen, völlig anonym. Ich kenne nicht ihren Namen, ihren Wohnort oder sonst etwas von ihnen. Ich bekomme einen flüchtigen Eindruck ihres Aussehens und ihrer Kleidung. Die werten Herren von der Partei für Willkürrecht und Knüppelordnung scheinen der Auffassung zu sein, dass dieser Zustand — der übrigens so natürlich ist, dass nicht einmal die schlimmsten Diktatoren der bisherigen Weltgeschichte auf die Idee gekommen wären, daran etwas zu ändern — kein „grundsätzliches“ Recht ist. Da dies von Juristen geäußert wurde, darf das Wort „grundsätzlich“ hier ruhig in seinem juristischen Sinne verstanden werden, so dass diese Aussage in alltäglichem und klarem Deutsch bedeutet: Es kann im Internet und in der „realen Welt“ in der Regel kein Recht auf Anonymität geben.

Eine Vorstellung, die an die finstersten Dystopien des letzten Jahrhunderts gemahnt. Man stelle sich einmal so etwas wie eine belebte Innenstadt als eine Möglichkeit „realer Welt“ vor. Dort soll es in der Regel kein Recht auf Anonymität geben. Jeder Mensch ist bei allem, was er dort tut, in der Regel beliebig deanonymisierbar. Jede seiner Aktionen lässt sich einer konkreten Person zuordnen, gleich, ob er einem Bettler eine Münze gibt, ob er kurz auf einer Bank Platz nimmt oder ein Eis kauft.

Mit Verlaub, CDU/CSU-Fraktion… eine solche Haltung eurer Innenpolitiker hätte auch einem Erich Mielke gut gefallen. Und vermutlich auch jedem anderen… Entschuldigung… volksunterdrückenden, gewalttätigen Arschloch. Ich wollte, es gäbe die DDR noch, werte Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion, die ihr solche Experten für euch sprechen lasst, damit ich euch zurufen könnte: Geht doch nach drüben, wenns euch hier nicht gefällt!

Gegen diese Aussage, die einen tiefen Einblick in den Geist dieser Freiheitsfeinde, Volksüberwacher und Aufrichter der Stasi 2.0 gewährt, ist der Rest des Unsinns aus der gleichen kurzen Presseerklärung geradezu harmlos — obwohl er auch vor Ignoranz, Zynismus und Freiheitsverachtung schreit.

Deshalb nur ein kurzes Wort zum Abschluss: Das Internet ist ganz sicher ein Teil der „realen Welt“ — deshalb auch die Anführungszeichen, um das Lächerliche dieser Unterscheidung zu markieren. Ob aber jeder Politiker Teil der „realen Welt“ ist, das ist sehr fraglich.

3 Antworten

  1. Bio

    Hi,

    zugleich beim ersten Satz kam es mir einmal mehr in den Sinn – was labern die doch immer, für mich ist das Internet sehr real und sicherlich für viele andere auch.

    Und dann las ich den letzten Absatz – Danke dafür!

    Ist ja echt bald nicht mehr auszuhalten, das ständige Geschwätz von „nicht realer Welt“ 😉

    Mal abgesehen von den ganzen Überwachungswahnideen dieser Berufslügner.

    7. September 2011 um 09:28

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